Ich hatte ja in vergangenen Beiträgen mehrfach anklingen lassen, dass ich das Ding mit der Reportagefotografie weiter ausbauen wollen würde. Also nahm ich ein Projekt in Angriff, welches ich bereits vor einigen Jahren auf meine Ideenliste gesetzt hatte. Zumal ich beeindruckende Fotografien eines mir bekannten Fotografens gesehen hatte, fiel die Wahl mit der Glashütte Lamberts Waldsassen GmbH auf einen ganz besonderen Herstellbetrieb, der in meiner Heimatstadt ansässig ist und für die Herstellung von mundgeblasenem Glas bekannt ist. Die Glas- und Porzellanherstellung hat in meiner Heimat, der nördlichen Oberpfalz, eine sehr lange Tradition. Während die Porzellanindustrie zur letzten Jahrtausendwende ihren Niedergang erlebte, sind die Öfen in einer weltweit einzigartigen Manufaktur für die Herstellung von mundgeblasenem Flachglas nahezu unaufhörlich in Betrieb. Über die Produktion in dieser Firma wollte ich eine Bildreportage erstellen - um einen Produktionsprozess dokumentarisch einzufangen und wiederzugeben. Die inszenierte Werbefotografie ist mir persönlich zuwider. Ein gestelltes und ausgedachtes Image einer Firma zu vermitteln, ist nicht meine Absicht und diese Arbeit überlasse ich sehr gerne Werbeagenturen, die hier nach entsprechender Planung eine ausgeklügelte Kampagne aufziehen. Die Umsetzung derartiger Projekte ist eine gänzlich andere Welt und mein Respekt gilt den Leuten, die eine Menge Hirnschmalz für eine solche Sache aufwenden. Mein Ansatz ist ein gänzlich anderer - irgendwie gefällt mir dieses Echte und Unverfälschte an der Reportagefotografie. Die dokumentarische Anmutung ist mir ein besonderes Anliegen und ich denke, dass sich dieses Element in sämtlichen meiner Aufnahmen wiederfindet. So halte ich hier und da die Kamera schief, schere mich nicht um ein Stativ und die Farben der Aufnahmen sind alles Andere als sauber und brilliant. Kein Hochglanzimage - Ecken und Kanten eben. Mit groben Korn. Aber mit Charakter und das Echte unverfälscht wiedergebend. Nachdem ich per E-Mail bei der Glashütte Lamberts anfragte und mein Projekt vorstellte, kam der freundliche Kontakt zum Prokuristen der Firma zustande. Innerhalb kürzester Zeit war ein Termin für die Bildaufnahmen vereinbart und zwei Tage später fand ich mich um 07:30 Uhr in der Fertigungshalle dieser Manufaktur wieder. Neben einer Führung durch die Manufaktur, in welcher mir die einzelnen Fertigungsschritte im Prozess der Glasherstellung erläutert wurden, erhielt ich zudem interessante Hintergrundinformationen zu der manufakturellen Glasherstellung in dieser Glashütte. Das, in Handarbeit hergestellte, Glas aus dem Hause der Glashütte Lamberts ist unter nationalen sowie internationalen Künstlern ein gefragter Werkstoff. So ist es nicht verwunderlich, dass dieses handgefertigte Glas aus der Klosterstadt Waldsassen in Kunstwerken und Bauwerken auf der ganzen Welt zu finden ist. Beispiele? Gerne - Dom zu Köln, Frauenkirche Dresden, Walhalla bei Regensburg, Hotel Adlon in Berlin, Leica Museum in Wetzlar. Auch das weltbekannte Rockefeller Center ist in den Referenzen aufgeführt - dort besteht eine Glasfassade im Rock Observation Dock aus dem Waldsassener Glas. Weiter ist das Glas im katholischen Denkmal am Ground Zero in New York sowie in unzähligen U-Bahn Stationen und Flughäfen in Japan, Australien und den USA zu finden. Der Prokurist, Herr Christ, erzählte mir bei der Führung durch die Manufaktur, dass das Glas mittlerweile zu einem Anteil von über 70 Prozent in das internationale Ausland versandt werden würde. Daher ist die Handschrift des kleinen Örtchens Waldsassen nahezu auf allen Kontinenten dieser Welt zu finden. Beeindruckend, wie ich finde. Ein bisschen Stolz darf man als Waldsassener hierüber sein, denke ich. Für mich, als einen Laien und jemanden, der mit der Glasherstellung nichts am Hut hat, fällt auf, dass die Fertigung den Mitarbeitern ein hohes Maß an handwerklichem Geschick abverlangt. Der Umgang mit dem flüssigen Glas erfordert filigranes und konzentriertes Arbeiten. Zumal bei der Verarbeitung des flüssigen Glases der Faktor Zeit hinzukommt; kleinste Fehler würden die Glasmasse zum Erstarren bringen. Und dann ist da noch diese Hitze. Vor der Verarbeitung des Glases, wird dieses in einem Schmelzofen bei etwa 1.400 °C geschmolzen. Die einzelnen Abläufe sind ein körperlich anstregendes Handwerk, dass zudem Erfahrung erfordert. Produziert wird in mehreren Schichten rund um die Uhr. Die Schichtgruppe, die ich fotografieren konnte, begann ihre Arbeit um 03:30 Uhr. Zu dieser Zeit lag ich noch im Bett - dennoch verblieben mir bis Schichtende zwei volle Stunden Zeit, um den Produktionsprozess zu dokumentieren. Ich erfuhr zudem, dass es einen "Anfänger", "Glasmachermeister" und eine "Aufschneiderin" geben würde. Diese drei Begriffe skizzieren im Endeffekt grob den Ablauf der Produktion. Der Anfänger entnimmt das flüssige Glas aus dem Schmelzofen und bereitet die Glasmasse für den Glasmachermeister vor, der das Gemisch mittels einer Glasmacherpfeife zu einem konischen Gebilde aufbläst. Dieser spektakuläre Prozess ist beeindruckend anzusehen. Am Ende entsteht nach einer Vielzahl von Handgriffen ein etwa ein Meter messender Ballon aus heißem Glas, der zur Weiterverarbeitung an die Aufschneiderin weitergegeben wird, welche den Ballon nach dem Erstarren aufschneidet. Der angeschnittene Glaszylinder wird in einem weiteren Ofen geschoben, der eine Art großflächiges Bügeleisen darstellt und die Glasform während des Durchlaufes langsam zu einer großen, planen Fläche niederbügelt. Auf diese Art und Weise entsteht das Flachglas, dass für verschiedenste Möglichkeiten Verwendung findet. Da es sich um eine Manufaktur handelt, geschehen sämtliche Prozesse in Handarbeit - daher ist jedes der hergestellten Gläser in Bezug auf Form, Farbton und Beschaffenheit ein Unikat und somit einzigartig. Diese Kriterien werden - neben den besonderen Eigenschaften des Glases in Bezug auf die Effekte in Kombination mit Licht - von Künstler aus der ganzen Welt geschätzt. So ist es nicht verwunderlich, dass die Glashütte in der Herstellung mundgeblasenen Glases Weltmarktführer ist - keine andere Glashütte bietet eine derartige facettenreiche Bandbreite an Farbtönen. Eindrucksvoll beweist das großflächige Fensterglas in der denkmalgeschützten Fertigungshalle, die Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet worden war, welche besonderen Lichteffekte gemeint sind. Das morgendliche Licht der Sonne lässt das bunte Glas in einer beeindruckenden Brillanz erleuchten. Fensterglas und die Ausgestaltung von Fassaden bilden somit ein bedeutendes Beispiel für die Verwendung des Flachglases. Lamberts-Glas wird jedoch auch für die Gestaltung von Kunstwerken, die Ausgestaltung von Haustüren, Vasen und Ähnlichem verwendet - hier ist der Kreativität der Künstler keine Grenzen gesetzt. Nach diesen aufschlussreichen Einblicken konnte ich das Fotografieren beginnen. Ohne jegliche Vorgabe konnte ich mich in der Fertigungshalle bewegen. Ich begann, die einzelnen Fertigungsschritte in chronologischer Reihenfolge einzufangen. Hierbei entstanden die nachfolgenden Aufnahmen, die den Produktionsprozess von Beginn bis zum Versand begleiten. MAKING-OF.Für die Aufnahmen habe ich mich auf das 24 Millimeter Festbrennweitenobjektiv festgelegt. Das Ding hat sich tatsächlich zu meinem Standardobjektiv gemausert und so hielt ich die Bildreportage größtenteils mit diesem Objektiv fest. Für einige wenige Aufnahmen setzte ich das 35 Millimeter Objektiv ein - aufgrund der enormen Hitzeentwicklung an den Öfen, wären hier die weitwinkligen 24 Millimeter wohl etwas zu "heiß" geworden. :) DANK.Am Ende des Beitrages bedanke ich mich bei den Verantwortlichen der Glashütte Lamberts Waldsassen GmbH für die Ermöglichung dieser Bildreportage und für die Gewährung der äußerst interessanten Einblicke. Für mich als Waldsassener war es eine große Besonderheit, die Hintergründe und den Ablauf dieser einmaligen Manufaktur aus erster Hand zu erfahren und das Ganze in Form einer Reportage festhalten zu können.
Referenzen und Internetauftritt der Glashütte Lamberts Waldsassen GmBH: www.lamberts.de
2 Comments
Nick
4/4/2018 22:44:47
Sehr schön Danke für die Fotos und den Bericht.
Reply
Your comment will be posted after it is approved.
Leave a Reply. |
Florian RiedlFOTOGRAFIEN
KOMMENTARE
ERFAHRUNGSBERICHTE
TECHNIK
Alle
All
Gesamt
February 2020
Bei Nutzung dieses Blogs, akzeptieren Sie die im Impressum genannten Nutzungs- und Datenschutzbedingungen.
Im gesamten Blogbereich sind sogenannte Affiliate-Links eingebaut. Dabei handelt es sich um Links zu den jeweiligen Produkt auf Amazon und für den Fall, dass jemand nach einen Klick auf diesen Link in den nächsten 24 Stunden einen Artikel bei Amazon kauft, erhalte ich eine kleine Provision. Kostet dem Besucher keinen Cent mehr - ist allerdings für mich eine Möglichkeit, den Blog hier etwas zu finanzieren. :) Die Affiliate LInks sind derzeit nicht aktiv!
|